EMail von den Philippinen: Alltag bei Andreas

Kann man sich vorstellen, auf was man sich einlässt, wenn man als Friedenshelfer vor Ort versucht Menschen Frieden zu bringen, die seit vielen Jahren den Kampf als Alltag kennen gelernt haben? Diesmal berichtet Andreas von seinem Alltag – von Dingen die ihn an Erfolg glauben lassen und von Dingen die ihn daran zweifeln lassen. Leider gibt es von beiden etwas an jedem Tag in Illigan auf den Philippinen…

Der Knoten des Lebens in Lanao

Was ist dieses Ding namens Peacekeeping eigentlich? In meinem Kontext, hier in den Philippinen, hier in Iligan und in der Region von Lanao und innerhalb meiner Aufgaben bedeutet es zu Rahmenbedingungen und Voraussetzungen beizutragen damit Friede ueberhaupt erst eine Chance hat zu wachsen.

Die Menschen hier warten seit vierzig Jahren auf Frieden… Aber aktuell wird die Stimmung immer angespannter.

Andreas Achatz,Friedenshelfer

Das bezieht sich vor allem auf die lokale Bevoelkerung die hier schon seit vierzig Jahren auf ihren Frieden wartet. Jetzt hofft jeder, dass er endlich kommt. Doch die Stimmung wird immer angespannter und es haeufen sich die Vorfaelle in denen Menschen ums Leben kommen und verletzt werden. Bis jetzt beschraenkt es sich auf Militaerisches Personal. Zivilisten werden (noch) nicht in die Auseinandersetzungen mit einbezogen. Dennoch trifft es sie indirekt. Eine unstabile Lage der Sicherheit bedeutet auch immer ein gehemmtes (Wirtschafts-)Wachstum in der Region. Was langfristig zu Unmut, Ungleichheit, Diskriminierung von Minderheiten und schliesslich zu Armut fuehrt. Dies – wie kann es anders sein – fuehrt zu Auseinandersetzungen und Konflikten. Ein Teufelskreis, den wir helfen wollen zu durchbrechen.

Ein bisschen Alltag

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AFP und PNP die von einem Ort abruecken.

Es kommt immer wieder vor, dass sich Mitglieder der Moro Islamic Liberation Front (MILF) in illegale Aktivitaeten verstricken von denen oft auch andere Menschen betroffen sind. Woechentlich passieren die besagten Auseinandersetzungen zwischen MILF und AFP. Durch lokale Beziehungen und unsere Kontakte zu MILF sowie zu AFP bekommen wir bereits im vorhinein ein Bild der Spannungen. Bis jetzt ist es jedoch noch nicht zu groesseren Auseinandersetzungen gekommen und unsere Aufgabe ist es, durch Dialoge und Koordination die Situation und die darin eingebetteten Emotionen zu entschaerfen. Es geht also nicht nur um Loesungsideen – es geht um das Verstehen aller Seiten.

Ein Beispiel: Mit dem Auto unterwegs fahren wir als Team von Nonviolent Peaceforce in das 3 Stunden abgelegene Dorf in dem es vor drei Tagen einen Zwischenfall gegeben hat. Jetzt reagiert die oertliche Polizei – in Zusammenarbeit mit AFP – unter Anwesenheit von ueber 60 bewaffneten Maennern, um ‚Recht‘ zu sprechen. Aber es geht eben nicht nur um Recht. Es geht auch um Ehre und darum das Gesicht von Militaer, Polizei und lokaler Regierung zu wahren. Wir bekommen als Internationale Organisation viel Aufmerksamkeit, vor allem wir ‚Auslaender‘. Das nutzt ein wenig. Gemeinsam mit unseren lokalen Kollegen und Partnern wird zwischen den Parteien vermittelt. Gemeinsam ringen wir darum eine friedliche Loesung zu finden. Und darum die Eskalation der – bis jetzt lokalen – Auseinandersetzung zum möglichen regionalen Konflikt zu verhindern.

Erfolg ist: aus einer lokalen Auseinandersetzung keine regionale werden zu lassen. Aber manchmal auch „nur“ dafür zu sorgen, dass Zivilisten gewarnt und evakuiert werden – bevor doch die Waffen sprechen.

Andreas

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So sieht es aus wenn man Beziehungen pflegt: Treeplanting Ceremony mit AFP

Unser wichtigstes Ziel dabei ist immer der Schutz von Zivilisten. Sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen versuchen wir mit Worten zu erreichen, dass zuerst die Zivilisten evakuiert und informiert werden – bevor der Angriff stattfindet. Das wäre dann schon ein Erfolg – aus unserer Sicht. Gibt es keine solche Koordination zum Schutz der Zivilisten haette das massive Folgen fuer den Friedensprozess im Ganzen und natuerlich auch fuer jede involvierte Partei. Denn es wuerde Opfer bedeuten…

Zusammenarbeit sucht Vertrauen

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Beziehungsarbeit – Gemeinsames Mittagessen mit Generaelen und Kommandaten von AFP

Um diese Art der Aktivitaeten ueberhaupt erst moeglich zu machen bedarf es taeglicher Besuche bei Polizei, Militaer und lokalen Regierungen. Ohne unserer Beziehungsarbeit die Vertrauen schafft und ohne die Anerkennung als Organisation im Friedensprozess koennten wir nicht in diesem Umfang vermitteln. So sagte ein Partner von uns kuerzlich dass sich Gemeinden und Menschen sicherer fuehlen mit Internationaler Praesenz in den lokalen Gebieten. Durch unserer Praesenz steigt die Aufmerksamkeit und dadurch werden Menschen zuversichtlicher dem langwierigen und bereits langandauernden Prozessen gegenueber. Als dritte Partei versuchen wir so gut wie moeglich Unabhaengig und Nicht Parteilich zu sein. Das heisst, dass wir immer die Sicht aller Parteien zum Geschehen anhoeren und erst dann agieren. Es wichtig, dass wir als ‚Non-partisan‘ gesehene werden – denn nur so bekommen wir auch das Vertrauen aller – nur so macht unsere Arbeit auch wirklich Sinn.

Wir kommen nie direkt in den Kontakt mit den Auseinandersetzungen. Man muss also keine Angst haben. Aber Respekt vor der Situation…

Andreas

Direkt in Kontakt mit der Auseinandersetzung kommen wir nie – zu unserer eigenen Sicherheit. Daher gibt es auch nichts vor dem man wirklich Angst haben muesste. Dennoch ist es gut gesunden Respekt vor der Situation zu haben. Schließlich geht es um die Sicherheit vieler. Unsere Interkationen mit Militaer, MILF und Polizei sind immer freundlich – obwohl man auch nie genau weiss woran man ist. Jeder hat eigene Interessen, und verbindet sich mit anderen Menschen, um diese Ziele zu erreichen. So ist auf eine Art Alles ist mit allem und jeder irgendwie mit jedem verbunden. Es scheint normal zu sein und jeder scheint um das Geflecht zu wissen und es zu verstehen – nur manchmal denke ich: ich nicht. Dieses Knaeuel von Beziehungen erst mal zu durchblicken ist und bleibt eine meiner vielen Herausforderungen in meiner Arbeit mit Nonviolent Peaceforce.

Gut, dass ihr mich virtuell begleitet. Auch das gibt mir Kraft. Alles Liebe aus den Philippinen.

Moosdorf Live

Mein Name ist Christian Spanik. Ich bin der Moosdorfer Dorfchronist und verantwortlich für Inhalte und Konzepte der Moosdorfer Gemeindemedien wie Moosdorfer Bote, Moosdorf Live auf Facebook und Moosdorf Live im Internet unter der Adresse www.moosdorf.net

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