„Eine besondere Nähe zu uns.“ Ein Interview zur Lesung von Ludwig Laher in Hackenbuch
Ines Emersberger lud gemeinsam mit der jungen Generation des Bezirks Braunau Ende August zu einer Lesung nach Hackenbuch ein. Hackenbuch war für diese Veranstaltung der perfekte Ort, weil dort ja auch die Ausstellung „Stolpersteine und Demokratie im Bezirk Braunau“ als Aktion der ARGE Kultur zu besichtigen ist. Dieses Thema passte perfekt als Rahmen zur Lesung mit dem Autor Ludwig Laher. Viele kamen und erlebten ein besonderes Event.
Nach der Veranstaltung wollten wir von Ines mehr zu der Idee für diese Aktion und natürlich auch über die Wahl des Autors wissen. Also haben wir sie dazu befragt:
Was brachte Dich überhaupt auf die Idee zu dieser Veranstaltung und Dir damit auch die Arbeit zu machen das alles zu organisieren?
Der Grundstein für diese Veranstaltung wurde durch die im Mai eröffnete Ausstellung der ARGE Kultur über Stolpersteine und Demokratie im Bezirk Braunau gelegt. Die Ausstellung erinnert an die Schrecken dieser Zeit und daran, wie schnell die Demokratie ausgehebelt werden kann, die Gesellschaft gespalten wird und die Willkür Weniger über das Leben Vieler bestimmt. Aber auch die rechtsextremen Vorfälle der letzten Monate, die im Bezirk wieder vermehrt aufgetreten sind, wie der große Waffen- und Drogenfund einer rechtsextremen Zelle oder die öffentliche Zurschaustellung von NS-verherrlichenden Tattoos, haben uns gezeigt, dass diese grausame Ideologie noch immer in manchen Köpfen verankert ist. Ich sehe es auch als unsere Aufgabe als junge Erwachsene, ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen, zu mahnen und für eine starke Demokratie einzutreten, in der so etwas nie wieder passieren kann.
Ludwig Laher ist ja selbst ein besonderer Autor, den Du dir ausgesucht hast. Wie kamst Du auf ihn?
Ludwig Laher ist mir seit meiner Schulzeit ein Begriff. Ich erinnere mich an eine Lesung mit ihm in der Hauptschule Eggelsberg. Es ist aber vor allem der lokale Bezug seiner Bücher zu unserer Region, der die Geschichten für alle so greifbar und nahbar macht. Vor allem das Buch „Schauplatzwunden“, aus dem Laher bei der Lesung vorlas, hat eine besondere Nähe zu unserer Region, da es sich mit dem Lager „Weyer – Sankt Pantaleon“ beschäftigt. Ein Lager bei dem viele der Häftlinge, aber auch der Täter aus unserer Region kamen.
Was ist die Geschichte dieses Lagers?
Das Lager wurde damals von der SA als Arbeitserziehungslager eingerichtet. Die Häftlinge wurden zur Trockenlegung der Moosach eingesetzt. Nach der Auflösung des Lagers als Arbeitserziehungslager wurde es zum „Zigeuneranhaltelager“ und die Häftlinge mussten die Trockenlegung des Gebietes um Ibm-Waidmoos fortsetzen. Wobei es sich überwiegend um Frauen und Kinder handelte. Das Lager wurde 1941 aufgelöst, die Menschen „verladen“ und nach Lodz deportiert. Auf weitere Einzelheiten möchte ich hier nicht eingehen.
Dir war aber nicht nur die Lesung wichtig, sondern auch der Dialog mit dem Autor und die Ausstellung der ARGE Kultur, oder?
Ja – darum stand – nach der Lesung – der Autor noch für Gespräche zur Verfügung und die Besucher hatten die Möglichkeit, die Ausstellung der ARGE Kultur über Stolpersteine und Demokratie im Bezirk Braunau zu besichtigen. Ludwig Laher gilt für mich als Experte auf diesem Gebiet, vor allem durch seine umfangreichen Recherchen für die Bücher. Und es ist natürlich toll, wenn man jemanden wie ihn zu einer Lesung einladen kann.
Was war für dich die wichtigste Erkenntnis aus dem Abend oder ein besonderer Moment?
Am Abend der Lesung war ein Herr anwesend, der einen der im Buch porträtierten Menschen noch kannte. Gerade diese Nähe zu den Menschen und der Region hat mir gezeigt, wie nah all diese Ereignisse waren und wie sehr die Menschen in unserer Region darunter gelitten haben. Sich das immer wieder bewusst zu machen und sich kritisch damit auseinander zu setzen, ist meiner Meinung nach ein wichtiger Teil, den wir als Gesellschaft nicht vergessen dürfen. Gerade jetzt, wo immer mehr Zeitzeugen sterben, ist es wichtig, ihre Erinnerungen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Denn es liegt auch in unser aller Verantwortung, dass so etwas nie wieder passiert.
Warst Du zufrieden mit dem Besuch und der Resonanz?
Ja, auf jeden Fall. Es hat mich sehr gefreut, dass wir mit dem Thema so viele Menschen angesprochen haben und auch das Feedback danach so positiv war. Wir hatten auch einen Büchertisch von Thalia Mattighofen vor Ort und das Buch „Schauplatzwunden“ war am Ende der Veranstaltung ausverkauft. Ich denke, das spricht für sich. Der Wunsch der Bevölkerung nach solchen Veranstaltungen ist offensichtlich da und wir werden auch weiterhin versuchen, hier Akzente zu setzen.
Danke für das Gespräch und Dein Engagement in der Sache, Ines!
Nach der Veranstaltung wurde noch viel diskutiert und so gab es auch die Möglichkeit zum Austausch und die Chance die „Stolpersteine“ auch noch in Ruhe zu betrachten. Ein rundum gelungener Kultur- und Gesprächsabend also, wie uns die Besucher bestätigten. Wir gratulieren allen die das organisiert und auf die Beine gestellt haben.
Hier haben wir noch eine Bildergalerie vom Abend für Euch: